Das Frühförderprogramm „Kleine Schritte“ ist ein Förderprogramm mit dem sowohl Eltern, als auch Fachkräfte arbeiten können. Es gibt Hilfestellung beim Erziehen, Fördern und Unterrichten von Kindern mit einer Entwicklungsverzögerung. Es wurde ursprünglich Ende der 1980er Jahre, von Moira Pieterse und Robin Treloar in Australien für Kinder mit Down-Syndrom entwickelt. Hintergedanke war es, auch Eltern, die weit weg von Therapeuten und Fachärzten wohnen, die Möglichkeit zu geben, das eigene Kind täglich, gezielt in seiner Entwicklung zu unterstützen bzw. zu erkennen, wenn die Entwicklung (körperlich oder geistig) plötzlich stagniert.
„Kleine Schritte“ besteht insgesamt aus 11 Bänden, die die Entwicklung des Kindes von Geburt an bis ins Vorschulalter begleiten sollen. Das Programm ist eingeteilt in die Bereiche Feinmotorik, Soziale Fähigkeiten, Rezeptive Sprache und Grobmotorik. Da es in erster Linie für Eltern als Orientierungshilfe für den Alltag entwickelt wurde, sind keinerlei fachspezifische Vorkenntnisse in den einzelnen Bereichen erforderlich.
Über das DS-Infocenter (www.ds-infocenter.de) können alle Bände entweder in Papierform oder Digital erworben werden.
Das wichtigste über dieses „Förderprogramm“ ist, dass es nicht dazu verwendet werden sollte, sein Kind von Geburt an „auf Norm“ zu trimmen! Die Altersangaben in den Prüflisten dienen der Orientierung und beziehen sich auf durchschnittliche Kinder, ohne Entwicklungsverzögerung. Kinder mit Down-Syndrom erreichen die kleinen Ziele dieses Programms in der Regel (viel) später! Das ist normal! Von den Altersangaben sollte man sich auf keinen Fall unter Druck setzen lassen!
Hat man sich entschieden, mit diesem Programm zu arbeiten, fängt man zunächst damit an, sein Kind genau zu beobachten und sein sogenanntes Entwicklungsalter zu bestimmen. Als Hilfestellung dienen die Prüflisten.
Schaut man sich die Prüflisten der einzelnen Bereiche genauer an, geht es eben genau darum, das Spielen seines Kindes in Augenschein zu nehmen und ihm eine Unterstützung geben zu können, gewisse Ziele zu erreichen. Mitunter dauert es bei Kindern mit Trisomie 21 einfach deutlich länger bis sie z.B. einen Turm aus sechs Klötzchen bauen. Bei den Kleinen Schritten ist es auch schon ein Erfolg einen Turm aus zwei Klötzchen zu bauen! Und das Schöne an diesem Programm ist nicht nur, dass die kleinen Erfolge zählen, sondern dass eben diese kleinen „Übergangsziele“ überhaupt erwähnt werden.
Die Ungeduld und der Ehrgeiz der Eltern wird so ein wenig überlistet 😉
Alternativ dienen die Bücher auch einfach als Nachschlagewerk. Wenn man z.B. Schwierigkeiten dabei hat, sein Kind trocken zu bekommen oder nicht genau weiß, wie man ihm beibringt mit dem Löffel zu essen, erfährt man in diesem Programm über welche Zwischenschritte man sein Ziel erreicht. Beim Essen mit dem Löffel, muss das Kinder nämlich zunächst in der Lage sein, einen Löffel überhaupt zu halten und zum Mund zu führen. Die Hand-Mund Koordination muss vorhanden sein, bevor im nächsten Schritt versucht werden kann Essen zum bzw. in den Mund zu befördern.
Auch beim Sauberkeitstraining muss das Kind zunächst Kontrolle über seinen Stuhlgang haben, bevor es überhaupt Sinn macht mit einem Training anzufangen. (Kontrolle meint hier übrigens nicht, dass das Kind willentlich Kontrolle über seinen Stuhlgang hat, sondern dass das Kind ein- oder zweimal am Tag etwa zur selben Zeit Stuhlgang hat!) Gerade das Thema „Trocken werden“ ist für Eltern enorm wichtig. Nicht nur, weil es den Alltag ungemein erleichtert, sondern weil es in unserer Gesellschaft einfach ein Makel ist inkontinent zu sein. Umso erfreulicher, dass auch Kinder mit geistiger Behinderung dieses Ziel erreichen können!
Ich persönlich nutze das Programm ehr als Nachschlagewerk und Orientierungshilfe, als dass ich mit meiner Tochter Übungen durchackere. Kinder mit Down-Syndrom müssen „mehr üben“ um Dinge zu erlernen und dauerhaft abzuspeichern – ja, das stimmt! Dennoch haben auch sie individuelle Stärken und Schwächen. Manche Dinge macht meine Tochter beispielsweise lieber als andere und ich finde, auch dem sollten wir Rechnung tragen. Man könnte auch sagen, es gibt Bereiche, in denen meine Tochter nicht gefördert werden möchte =) …und im vergangenen Jahr habe ich auch gelernt, dass es nicht schlimm ist, dass sie keine Perlen auffädeln und keine Steckpuzzle machen möchte! Sie hat sich trotzdem enorm weiterentwickelt! Erste Worte, Essen mit Gabel und Löffel, Bobbycar fahren…Kinder lernen eben doch am schnellsten die Dinge, die sie persönlich interessieren und die ihnen in ihrem Umfeld wichtig erscheinen!
Zum Schluss noch einige praktische Beispiele aus den Prüflisten damit man sich das ganze besser vorstellen kann:
Rezeptive Sprache
Alter des Babys 0-3 Monate
A1: Reagiert auf Geräusche/Laute mit einem „Schreck“ bzw. durch Änderung seines Verhaltens.
A2: Reagiert auf Ihre Stimme mit einem „Schreck“ bzw. durch Änderung seines Verhaltens.
A3: Richtet kurzzeitig seine Aufmerksamkeit auf ihr Gesicht.
A4: Hält Blickkontakt mit Sprechender Person.
Grobmotorik
Alter des Babys 7 Monate
A37: In Bauchlage: Kann sich im Kreis drehen.
A38: In Bauchlage: Rollt zur Seite und spielt, aufgestützt auf seine Ellenbogen.
A39: In Bauchlage: Nimmt Krabbelstellung ein und wiegt den Körper hin und her.
Feinmotorik
Alter des Kindes 3-4 Jahre
E127: Fädelt vier kleine Perlen auf.
E128: Schneidet einen 2cm breiten Streifen durch.
E129: Schneidet ein 10cm großes Quadrat durch.
E130: Streicht Klebstoff auf die richtige Seite; klebt Seite auf Papier.
Soziale Fähigkeiten
Alter des Kindes 3-4 Jahre
E98: Putzt sich die Zähne (mit mündlichen Anweisungen).
E99: Putzt sich die Nase, ohne erinnert zu werden.
E100: Wäscht Hände und Gesicht ohne Hilfe.
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